Dass sich die motorisierte Mobilität weiterentwickeln muss, steht außer Frage: Nur wenn die globalen Emissionen in den nächsten Jahren rasch sinken, kann dem Klimawandel noch wirksam begegnet werden. Zudem ist in den Ballungsräumen die Kapazitätsgrenze für die Aufnahme von Autos erreicht – ein normales Vorankommen ohne staubedingte Verzögerung ist jetzt schon kaum mehr möglich. Gemäß einer Analyse des Kartierungsspezialisten TomTom aus dem Jahr 2019 kommt es bei innerstädtischen Fahrten in Deutschland regelmäßig zu Verzögerungen um rund 20 Prozent; Fahrten durch Hamburg verzögern sich sogar um 34 Prozent.

Zugleich wächst der Bedarf an individueller Mobilität. Im Mittel steigt die Verkehrsleistung der deutschen Bundesbürger pro Jahr um rund 0,5 Prozent an – das belegen Erhebungen des Bundesverkehrsministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI).  Wesentlichen Anteil daran haben die beruflich zurückgelegten Wege: Sie wurden zwischen den letzten beiden Erhebungen im Jahr 2008 und 2017 um 13 Prozent länger. Menschen wollen und müssen also mobil sein. Das Bedürfnis, sich schnell und weit fortbewegen zu können, ist weniger ein Wohlstandsanspruch als vielmehr eine zentrale Anforderung unserer modernen Gesellschaft.

Veränderte Zielsetzung: Effizienz wird wichtiger, Modus verliert an Bedeutung.

Es haben sich aber nicht nur die Mobilitätsbedingungen gewandelt, sondern auch die Bedürfnisse – die Menschen setzen bei der Fortbewegung heute andere Prioritäten. Zwar steht der Wunsch nach individueller Mobilität noch immer an erster Stelle, aber die Art und Weise ist nicht mehr so sehr von Bedeutung. Was stattdessen zählt, ist ein möglichst geringer zeitlicher Aufwand. Das hat indirekt auch mit der hohen Verkehrsdichte zu tun: Je problematischer das Vorankommen wird, desto wichtiger wird verzögerungsfreier Transfer – und desto unwichtiger wird das Verkehrsmittel. Da man heute vielfältige Möglichkeiten hat, sich zu inszenieren – etwa über digitale Medien –, brechen insbesondere junge Menschen zunehmend mit dem besitzzentrierten Konzept „eigenes Auto“. Häufig verzichten sie sogar auf den Führerschein: Im Jahr 2010 besaßen in Deutschland noch mehr als 940.000 Männer und 882.000 Frauen im Alter von 18 bis 20 Jahren einen Führerschein, im Jahr 2019 waren es nur noch 793.000 Männer und 762.000 Frauen.

Autos werden uns erhalten bleiben. Aber sie werden eine andere Rolle spielen.

Bis zu Beginn des 21. Jahrhunderts hatte das Auto unter den Verkehrsmitteln eine dominierende Stellung. Diese basierte auf seiner physischen Leistungsfähigkeit (das Auto kann sich schnell bewegen und eine hohe Transportlast bewältigen) und auf seiner hohen Verfügbarkeit. Einmal vollgetankt, ist ein Auto jederzeit einsatzfähig; es braucht keine Ruhepause und fährt unabhängig von Schienen und Oberleitungen. In den 1960er Jahren entstand deshalb eine regelrechte Auto-Euphorie, die in der Idee der autogerechten Stadt gipfelte. Über Jahre herrschte die Meinung vor, dass der urbane Lebensraum ganz auf die Autonutzung ausgerichtet sein muss. Ab den 1970er Jahren gab es jedoch Kritik an dieser Meinung und an der damit einhergehenden Verkehrsplanung. Heute hat längst ein Paradigmenwechsel stattgefunden. Städte und Gemeinden sind bestrebt, Autos aus den Innenstädten herauszuhalten. Das liegt nicht nur an der Schadstoffbelastung, die vom Verbrennungsmotor ausgeht. Es liegt vor allem am Platzbedarf der Autos: Auch Elektroautos verstopfen die Straßen – und auch sie benötigen Platz zum Parken. Eine Studie des Zukunftsinstituts im Auftrag des ADAC prognostiziert daher, dass Autos im Jahr 2040 eine andere Rolle spielen werden als heute. Es wird sie noch geben, und sie werden weiterhin einen wichtigen Teil des Mobilitätsangebotes ausmachen – aber sie werden nicht mehr zu tausenden an den Straßenrändern stehen. Und sie werden mehrheitlich auch keine privaten Besitztümer mehr sein.

Nutzen statt besitzen

Kernthese der ADAC-Zukunftsstudie ist, dass die Zukunft von einem Mobilitätsmix geprägt sein wird. Zu diesem werden neben Autos ein „intelligenter“, stark vernetzter ÖPNV gehören, der nicht mehr an fixe Haltestellen gebunden ist, sowie Individualverkehrsmittel wie Fahrräder, E-Fahrräder, Hoverboards und andere „Last-Mile“-Fahrzeuge. Für Letztere wird es ganz neue Infrastruktureinrichtungen geben – z. B. Fahrrad-Highways und Fahrradtunnel. Autos werden als individualisierte öffentliche Verkehrsmittel fungieren, d. h., sie werden der Allgemeinheit als mietbare Sharing-Objekte mit umweltfreundlichem Null-Emission-Antrieb zur Verfügung stehen. Die persönliche Mobilität wird somit nach dem Access-Prinzip funktionieren: Menschen kaufen sich keine Verkehrsmittel mehr, sondern den Zugang zu Mobilitätsprodukten. „Nutzen statt besitzen“, lautet dann die Devise.

smart connection in the city

Abbildung 1: Autonom fahrende Autos könnten als Shuttle fungieren.

Autonomes Fahren – in Zukunft selbstverständlich

Die Zukunftsstudie geht zudem davon aus, dass Autos im Jahr 2040 völlig autonom fahren können und dürfen. Damit werden sie zu Refugien zwischen Arbeitsplatz und Zuhause, in denen man seine Zeit sinnvoll verbringen kann. Da künstliche Intelligenz das Navigieren und das Lenken übernimmt, brauchen die Passagiere sich nicht um das Verkehrsgeschehen zu kümmern. Sie können stattdessen im Auto entspannen, lesen oder – dank digitaler Vollvernetzung – arbeiten. Das selbstfahrende Auto wird ein „Third Place“ sein – ein Ort, der sowohl als Wohnzimmer als auch als Büro dienen kann. Der Schlüssel dazu ist das Smartphone. Mit ihm lassen sich die selbstfahrenden Autos als autonome Shuttles per App zum eigenen Standort rufen. In Städten und Ballungsräumen wird diese Entwicklung ihren Anfang nehmen, später werden dann ländliche Regionen folgen. Überhaupt ist das Smartphone in Zukunft der Mobilitäts-„Enabler“. Man wird damit virtuelle Haltestellen für Busse und Bahnen konfigurieren und jegliche Art von Sharing-Verkehrsmitteln reservieren und freischalten können. Die „All Access Mobility“, also der unbeschränkte Zugang zu einer Vielzahl von Mobilitätsangeboten, wird zum neuen Statusmerkmal werden.

Fazit

Motorisierten Individualverkehr wird es auch in Zukunft geben, aber er wird anders konzeptioniert sein. Der Mobilitätsfokus wird sich vom eigenen Auto auf Sharing-Angebote bzw. auf die Verknüpfung von Verkehrsmitteln verlagern. Beim Autofahren wird es weniger um das Selbstfahren mit einem geliehenen Kfz als vielmehr um das Gefahrenwerden in einem computergesteuerten Fahrzeug (Auto oder Shuttle-Bus) mit umweltfreundlichem Antrieb gehen. Bei diesem Mobilitäts-Sharing kommt dem Smartphone eine tragende Rolle zu. Es bündelt die diversen Angebote und ermöglicht so eine multimodale Reiseplanung inklusive Buchung und Zahlung. Somit ist es der Enabler der integrierten Mobilität.

Ob das bedeutet, dass die Menschen in den kommenden Jahren tatsächlich in der Mehrzahl keine Autos mehr besitzen, wie es die ADC-Studio voraussagt, bleibt indes abzuwarten. Sowohl die Zulassungsstatistik als auch Umfragen deuten bislang nicht darauf hin. Das Motorisierungslevel ist in Deutschland in den letzten Jahrzehnten stetig angestiegen: Waren im Jahr 2000 noch 532 Pkw pro 1.000 Einwohner zugelassen, so waren es 2019 schon 568, also fast 10 Prozent mehr. Bei einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Gebrauchtwagenplattform mobile.de gaben zudem mehr als ein Drittel der Befragten an, unter keinen Umständen auf das Auto verzichten zu wollen. Nur ein Viertel würde verzichten, wenn der öffentliche Nahverkehr günstiger würde und Mobilitätsangebote wie Carsharing besser verfügbar wären.

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Quellen: